Spaltungsversuch: Hetze gegen Bürgergeldempfänger

LiLO - Liste Lebenswerte Ortenau.
Spaltungsversuch: Hetze gegen Bürgergeldempfänger.
Aktuell läuft eine mediale Hetze gegen Bürgergeldempfänger, bzw. das Bürgergeld an sich. Mit billigem Populismus wird versucht, die Bevölkerung zu spalten und von den wichtigen Themen abzulenken. Wir versuchen anhand der Ortenauer Zahlen, Licht ins Dunkel zu bringen und wollen mit den Klischees der „faulen Arbeitslosen“ aufräumen.

Aktuell läuft eine mediale Hetze gegen Bürgergeldempfänger, bzw. das Bürgergeld an sich. Mit billigem Populismus wird versucht, die Bevölkerung zu spalten und von den wichtigen Themen abzulenken. Wir versuchen anhand der Ortenauer Zahlen, Licht ins Dunkel zu bringen und wollen mit den Klischees der „faulen Arbeitslosen“ aufräumen.

Nicht nur die deutschlandweiten Medien, sondern auch die lokalen Zeitungen sowie die Kreisverwaltung sind auf diese Kampagne mit aufgestiegen. So titelt das Offenburger Tageblatt am Freitag den 02. Februar: „Neuer Höchststand erreicht – So viele Menschen wie nie zuvor haben im Januar im Ortenaukreis Bürgergeld bezogen. Konjunkturelle Herausforderungen und mangelnde Bereitschaft, eine Arbeit aufzunehmen, nennt der Sozialdezernent als Gründe für die Entwicklung.“.

Es wird also suggeriert, der Stand der Bürgergeldempfänger steigt an, weil die Leute nicht mehr bereit sind, eine Arbeit aufzunehmen. Doch ist das so?

Das Offenburger Tageblatt liefert auf der gleichen Seite noch die Pressemitteilung, welche in einer sehr verwaltungstechnischen Sprache verfasst ist, mit. So könnte jeder Leser, der sich intensiv damit befassen will, auch selber ausrechnen, ob die obige Aussage wirklich zutrifft. Doch sind wir ehrlich, wer macht das schon?

Im Januar gab es 19.148 Bürgergeldempfänger in der Ortenau. Das ist laut Jobcenter ein Anstieg um 5,3 % seit Januar 2023. Innerhalb eines Jahres haben also 1.015 Menschen mehr im Ortenaukreis das sogenannte Bürgergeld erhalten. Allerdings gab es im gleichen Zeitraum nur 331 Menschen mehr, die arbeitslos wurden. Was ist mit dem Rest?

Nun ist es so, dass wie beim Vorgänger Hartz IV die Menschen das Bürgergeld auch dann beziehen können, wenn sie arbeiten. Dies ist dann der Fall, wenn das Geld mit einem regulären Job (meistens Halbtags) nicht zum Leben reicht. Könnte es also sein, dass die Zahl der Bürgergeldempfänger deshalb steigt, weil die Lebenserhaltungskosten in den letzten Jahren explodiert sind?

Natürlich ist es wahr, dass die Hürden, das Bürgergeld zu beziehen, einfacher wurden. Doch das nützt eben nicht nur angeblichen „Sozialschmarotzern“. Von den 19.148 Empfängern der staatlichen Transferleistung sind nur 5.223 arbeitslos. Der Rest davon sind Kinder, Aufstocker oder Menschen, die aus irgendwelchen Gründen aktuell nicht arbeiten können.

Wenn wir also davon sprechen, dass die Bürgergeldleistungen gekürzt und härtere Regeln erhalten sollen, dann bestrafen wir hier eine übergroße Mehrheit von Menschen, die eigentlich gar nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, bzw. bereits einer Arbeit nachgehen. Hinzu kommt, das die Zahl der sogenannten „Langzeitarbeitslosen“ in der Ortenau von 607 auf 550 Menschen gesunken ist. Wären die Menschen also weniger bereit, eine Arbeit aufzunehmen, dann müsste gerade diese Zahl eigentlich ansteigen.

Wem das aber nicht als Beweis ausreicht, dass das Bürgergeld eben nicht die soziale Hängematte fördert, wie so oft behauptet wird, dem haben wir noch ein paar Fakten:

In der Ortenau gibt es aktuell 3.901 freie gemeldete Arbeitsstellen. Dem gegenüber stehen 10.646 Menschen ohne Beschäftigung (5.423 ALG I Bezieher & 5.223 Bürgergeldempfänger). Man merkt schnell, dass hier die Rechnung nicht aufgeht, da es mehr als doppelt so viele erwerbslose Menschen gibt, als freie Stellen. Hinzu kommt, dass die meisten Stellen in der Ortenau aktuell im Gesundheitsbereich, Handel und im öffentlichen Dienst offen sind. Nicht jeder kann und sollte die Aufgabe einer Pflegekraft übernehmen. Genauso macht es keinen Sinn, Menschen mit Rechenschwäche beim Finanzamt anzustellen. Man merkt also, nur weil es offene Stellen gibt, müssen die nicht gleich für jeden passen. Mit 56 will man auch ungern noch als Fließenleger umschulen.

Was also tun gegen die immer weiter ansteigenden Kosten beim Bürgergeld? Zunächst einmal sei hier zu sagen, dass die Kosten im Gegensatz zum Kriegshaushalt oder den nicht gezahlten Steuern von Banken und Konzernen marginal sind. Doch steigen die Kosten vor allem auch in der Ortenau z.B. für Mieten immer weiter an. Hier fließen staatliche Gelder an private Vermieter und Konzerne, die die Mieten immer weiter erhöhen. Würde der Staat die Sozialbindung im Wohnungsbau deutlich höher als 15-20 Jahre ansetzen oder am besten gleich selber sozialen Wohnraum in kommunaler Hand schaffen, könnten hier massiv Kosten eingespart werden.

Anstatt also über Bürgergeldempfänger abzukotzen und sie als faule Menschen darzustellen, sollten wir uns zukünftig doch erst einmal genauer die Fakten ansehen. Holen wir uns das Geld lieber bei denen, die genügend davon haben und den Staat jährlich um Milliarden betrügen. Und fangen wir endlich wieder an, den Wohnungsbau in staatlicher Hand zu führen. Dann entlasten wir alle Menschen gleichermaßen und sorgen für mehr Chancengleichheit in unserem Land. Um die Bürgergeldempfängerzahlen aber langfristig nach unten zu drücken, hilft nur der Kampf gegen den Niedriglohnsektor.