Zahlreiche Bauern, Speditionsunternehmen und mit ihnen solidarische Mitbürger legten den Verkehr in der Ortenau teilweise lahm. Grund hierfür sind die Kürzungen der Ampel Regierung im Bundeshaushalt. Denn dadurch wären die KFZ-Steuerbefreiung sowie die Dieselsubventionen für die Landwirtschaft abgeschafft worden. Zwar hat die Bundesregierung am Donnerstag die Kürzungen zum Großteil zurückgenommen, dennoch hielten die Bauern an ihrem Protest fest.
Denn die Wut geht weit über diese Kürzungen hinaus. Falsche Subventionspolitik von Seiten der EU, niedrige Abnahmepreise durch die Zwischenhändler, Bürokratie, Höfesterben und steigende Energiepreise machen vor allem kleinen und mittleren Landwirtschaftsbetrieben das Leben schwer. Doch die Kritik bei den aktuellen Protesten ist oftmals noch stark verkürzt.
So erklärt ein Speditionsunternehmer aus Oberkirch in einem Video, dass er es leid sei, Kürzungen in Kauf zu nehmen. Gleichzeitig würde die Regierung aber Milliarden für die „faule Generation Z“ und Bürgergeldempfänger rausschmeißen. Eine Debatte über eine 30h Woche findet er auch doof, weil Bauern und Spediteure 50-60h in der Woche arbeiten müssten.
Leider finden sich aktuell viele solcher Videos und Forderungen in der Ortenau. Es wird lieber versucht, zu spalten, anstatt konstruktiv die herrschende Politik über die Ampelregierung hinaus zu kritisieren. So wird die aktuelle Kriegspolitik fast gar nicht thematisiert. Während 100 Mrd. € Sondervermögen + weitere ca. 71 Mrd. € pro Jahr fürs Militär ausgegeben werden, meckert man über die 2,47 Mrd. € Mehrausgaben beim Bürgergeld.
Aktuell sind die Proteste auch ohne wirkliche Forderungen, weshalb sich so ziemlich jeder mit ihnen solidarisieren kann. Doch stellt sich für uns die Frage, reicht es, einfach nur zu sagen, Rücknahme der Kürzungen oder Sturz der Ampelregierung? Unserer Meinung nach verhindert das das Höfesterben nicht.
Edeka, Lidl, Aldi, Rewe und co. haben in den letzten Jahren Milliardengewinne auf dem Rücken der Landwirtschaft und der Bevölkerung eingefahren. Sie drücken die Preise und treiben die Bauern an ihr Existenzlimit. Sei es bei Milch, Fleisch oder anderen Erzeugnissen. Gleichzeitig wurden die Preise für die Verbraucher massiv erhöht. Nun fordern einige, dass man die Bauern am besten unterstützt, wenn man lokal bei den Höfen einkauft. Doch ergibt es wirklich Sinn, die Stadtbevölkerung aufs Land zu schicken, um dort bei den Bauern einzukaufen?
Wir sagen, es gibt eine viel einfachere Lösung. Warum nicht die großen Handelskonzerne und Zwischenhändler vergesellschaften? Dann können den Landwirten endlich wieder vernünftige Preise gezahlt werden und für die Verbraucher steigen die Preise nicht an, da der Renditedruck der Aktienkonzerne wegfällt. Es wäre eine Win-Win Situation für die Bevölkerung und die Landwirtschaft. Nahrungsmittel brauchen wir zum Überleben, sie fallen somit unter die Menschenrechte. Niemand sollte das Recht haben, damit zu spekulieren und exorbitante Gewinne einzufahren. Das Gleiche gilt mit der Spekulation auf landwirtschaftliche Böden, die dafür sorgt, dass kleine Bauern immer höhere Pacht bezahlen müssen.
Weiter muss die Subventionspolitik der EU dringend geändert werden. Anstatt nur großen Landwirtschaftskonzernen Gelder zukommen zu lassen, müssen diese Gelder gerechter verteilt werden. Im Jahr 2022 wurden Lebensmittel im Wert von 110,5 Mrd. € nach Deutschland importiert. Das sind 20 Mrd. mehr als exportiert wurden. In Zeiten der Klimakrise müssen wir uns eben auch endlich mal grundsätzliche Fragen stellen:
- Ergibt es Sinn, sich von Lebensmittelimporten abhängig zu machen?
- Sollten wir den Flächenverbrauch nicht endlich mal stoppen, damit wir diese für die Landwirtschaft nutzen können?
- Sollte der Einsatz von Pestiziden und Dünger nicht verringert werden, um unsere Bodenfruchtbarkeit auch für kommende Generationen zu erhalten?
Und da werden sich die Geister der Protestierenden scheiden. Die AfD stand am Montag Morgen am Offenburger Kreisel und organisierte einen Autokorso in Lahr. Doch für diese Fragen haben sie keine Lösungen. Im Gegenteil, sie vertreten gerne die Interessen der großen Konzerne. in ihrem Programm fordern sie sogar sämtliche Streichungen der Subventionen für die Landwirtschaft. Die AfD möchte die Anarchie des Marktes, doch diese Anarchie begünstigt im Kapitalismus stets die großen Konzerne. Die kleinen und mittleren Bauern, welche sich hier um unsere Wälder und Kulturlandschaft kümmern, die bleiben dabei auf der Strecke.
Die Bauern haben gezeigt, dass sie Macht haben und zusammen stehen können. In der Ortenau gab es mehrere Straßenblockaden an der B33 in Haslach, in Hausach, am Offenburger Ei und vielen weiteren Orten. So etwas hat es hier noch nie gegeben. Wohin das Ganze führt, bleibt abzuwarten. Wieder einmal die Nazi Keule wie bei den Corona Protesten zu schwingen, ist aber falsch. Denn die Menschen sind nun mal verständlicherweise wütend über die Politik. Es gilt jetzt, gemeinsam Alternativen zu entwickeln und grundsätzliche politische Änderungen herbeizuführen. Gemeinsam für eine lebenswerte Ortenau!